Wiedereingliederungsteilzeit

Für Beschäftigte, die für längere Zeit physisch oder psychisch erkrankt sind, gibt es das arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Modell der sogenannten Wiedereingliederungsteilzeit. Es erlaubt einen sanften Wiedereinstieg in den Berufsalltag.

Möglich ist die Vereinbarung einer Wiedereingliederungsteilzeit samt Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld und pensionsversicherungsrechtlicher Absicherung für Arbeitnehmende in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Ausübung der Wiedereingliederungsteilzeit. Beiden Arbeitsvertragsparteien steht es frei, sich für oder gegen die Wiedereingliederungsteilzeit zu entscheiden. Sie muss schriftlich vereinbart werden.

Auch Vertragsbedienstete des Bundes, der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden können ihre Arbeitszeit zum Zweck der Wiedereingliederung verringern, Wiedereingliederungsgeld beziehen und sind ebenso in der Pensionsversicherung ( oesterreich.gv.at) abgesichert, sofern die für sie geltenden landes- oder bundesgesetzlichen Normen es erlauben, eine Verkürzung der Dienstzeit zu vereinbaren, die mit der Wiedereingliederungsteilzeit nach dem AVRAG vergleichbar ist.

Es müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • ein bestehendes Arbeitsverhältnis, das vor Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit mindestens drei Monate gedauert hat,
  • eine mindestens sechswöchige ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit (infolge einer Erkrankung oder eines Unglücksfalls),
  • eine Beratung durch fit2work ( SMS),
  • ein Wiedereingliederungsplan,
  • eine schriftliche Wiedereingliederungsvereinbarung zwischen Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer und Arbeitgeberin/Arbeitgeber über die konkrete Ausgestaltung der verkürzten Arbeitszeit (sofern vorhanden, muss auch der Betriebsrat den Verhandlungen über diese Vereinbarung beigezogen werden),
  • die Bewilligung des Wiedereingliederungsgeldes durch den Krankenversicherungsträger und
  • eine Bestätigung über die Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers.

Die Beratung von fit2work erstreckt sich auf die Abklärung der ersten zwei Aufzählungspunkte, auf den notwendigen Wiedereingliederungsplan und auf die zu treffende Wiedereingliederungsvereinbarung.

Eine ausdrückliche Zustimmung von fit2work zu Wiedereingliederungsplan und -vereinbarung ist nicht notwendig. Die Beratung durch fit2work kann entfallen, wenn die Arbeitsvertragsparteien sowie die Arbeitsmedizinerin/der Arbeitsmediziner des Betriebs oder des arbeitsmedizinischen Zentrums der Wiedereingliederungsvereinbarung und dem -plan nachweislich zustimmen.

Arbeitgeberin/Arbeitgeber und Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer erstellen gemeinsam die Rahmenbedingungen und den beabsichtigten Ablauf der Wiedereingliederungsteilzeit für die schrittweise Rückkehr in den ursprünglichen Arbeitsprozess, die sie im Wiedereingliederungsplan festhalten. Bei dessen Erstellung soll die Arbeitsmedizinerin/der Arbeitsmediziner des Betriebs oder des Arbeitsmedizinischen Zentrums zur Beratung beigezogen werden.

Inhalt

Beginn und Dauer der Wiedereingliederungsteilzeit sowie das Stundenausmaß der Teilzeitbeschäftigung und die Lage der Arbeitsstunden müssen in der Vereinbarung enthalten sein.

Entsprechend dem Wiedereingliederungsplan kann zur Entlastung des Bewegungs- und Stützapparats z.B. vorgesehen sein, dass eine Arbeitnehmerin bestimmte Lasten zunächst nicht hebt bzw. trägt und für eine gewisse Zeit andere Aufgaben übernimmt.
Ebenso kann ein Arbeitnehmer zu Beginn der Wiedereingliederungsteilzeit z.B. von Kommunikationsaufgaben (persönlicher Kontakt, Telefondienst) weitgehend entlastet werden.

Die Aufgaben müssen sich jedoch mit den Verpflichtungen aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag decken. Zweck der Wiedereingliederungsteilzeit ist, schrittweise in den ursprünglichen Arbeitsprozess zurückzukehren. Durch die Vereinbarung darf es zu keiner inhaltlichen Änderung des Arbeitsvertrages kommen.

Nach dem Antritt darf diese Teilzeitvereinbarung höchstens zweimal geändert werden (z.B. könnte die Teilzeitbeschäftigung bis zum Höchstausmaß von sechs Monaten verlängert oder das Stundenausmaß geändert werden). Die Änderung muss im Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien und schriftlich erfolgen.

Dauer der Wiedereingliederungsteilzeit

Die Wiedereingliederungsteilzeit kann zwischen den Arbeitsvertragsparteien zunächst in der Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten vereinbart werden.

Sofern nach Ausschöpfen der sechsmonatigen Teilzeitbeschäftigung weiterhin die arbeitsmedizinische Zweckmäßigkeit gegeben ist, kann die Teilzeitbeschäftigung einmalig für ein Monat bis drei Monate verlängert werden.

Auch diese Vereinbarung bedarf der Beratung durch fit2work oder der Zustimmung der Arbeitsmedizinerin/des Arbeitsmediziners des Betriebs oder des arbeitsmedizinischen Zentrums und der Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger.

Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit

Die Wiedereingliederungsteilzeit kann frühestens am Tag, nach dem die Mitteilung über die Bewilligung des Wiedereingliederungsgeldes an die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer zugestellt wurde, angetreten werden.

Der Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit kann entweder im unmittelbaren Anschluss an den mindestens sechswöchigen Krankenstand oder bis zu einem Monat nach dem Ende dieses Krankenstandes erfolgen, auch wenn in der Zwischenzeit ein weiterer Krankenstand eingetreten ist.

Die Arbeitszeit muss um mindestens ein Viertel und darf höchstens um die Hälfte herabgesetzt werden (sogenannte Bandbreite) und die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit darf nicht unter zwölf Stunden liegen. Darüber hinaus darf das monatliche Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze (518,44 Euro monatlich im Jahr 2024) nicht unterschreiten. Die festgelegten Arbeitszeiten müssen innerhalb des Wiedereingliederungszeitraumes ansteigen oder zumindest gleich bleiben.

Unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen ist eine von der Bandbreite abweichende Vereinbarung der Normalarbeitszeit möglich:

  • Die Wiedereingliederungsteilzeit kann zunächst im Ausmaß von weniger als 50 Prozent (aber nicht unter 30 Prozent) der ursprünglichen Arbeitszeit ausgeübt werden, wenn die Arbeitszeit während der gesamten Wiedereingliederungsteilzeit im Durchschnitt zwischen 50 Prozent und 75 Prozent beträgt.

Beispiel

Die wöchentliche Normalarbeitszeit von Frau A betrug vor ihrem Krankenstand 38 Stunden. Mit Zustimmung des Arbeitsmediziners trifft sie mit ihrer Arbeitgeberin eine Wiedereingliederungsvereinbarung, wonach sie für die Dauer von sechs Monaten die Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden (diese Stundenanzahl liegt zwischen 50 Prozent und 75 Prozent der ursprünglichen Arbeitszeit) reduziert.

Abweichend davon können beide vereinbaren, dass Frau A im ersten Monat wöchentlich 11,5 Stunden arbeitet (30 Prozent der ursprünglichen Normalarbeitszeit wären 11,4 Stunden. Das neu vereinbarte Stundenausmaß liegt über diesem Wert), im zweiten bis fünften Monat könnte sie 20 Stunden arbeiten und im sechsten Monat 28,5 Stunden. Sie würde daher während der gesamten Dauer der Wiedereingliederungsteilzeit durchschnittlich 20 Stunden arbeiten.

  • Innerhalb eines Kalendermonats kann darüber hinaus eine ungleiche Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit erfolgen, wenn das vereinbarte Arbeitszeitausmaß im Durchschnitt eingehalten und in den einzelnen Wochen jeweils nicht um mehr als 10 Prozent unter- oder überschritten wird.

Während der Wiedereingliederungsteilzeit hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber einen Anspruch auf das entsprechend der Arbeitszeitverkürzung anteilige Entgelt. Wird eine Vereinbarung getroffen, wonach die Arbeitszeit zunächst um mehr als 50 Prozent der ursprünglichen Normalarbeitszeit verringert wird, so ist das Entgelt gleichmäßig entsprechend der während der Wiedereingliederungsteilzeit vereinbarungsgemäß durchschnittlich geleisteten Arbeitszeit zu zahlen.

Zusätzlich hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer während der Wiedereingliederungsteilzeit Anspruch auf ein Wiedereingliederungsgeld aus Mitteln der Krankenversicherung.

Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger

Voraussetzung für den Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld ist die Bewilligung der Geldleistung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst des zuständigen Krankenversicherungsträgers. Das Wiedereingliederungsgeld gebührt, sofern die Wiedereingliederung aufgrund des Wiedereingliederungsplans und der vorgelegten ärztlichen Befunde medizinisch zweckmäßig erscheint.

Höhe des Wiedereingliederungsgeldes

Das Wiedereingliederungsgeld gebührt – entsprechend der vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit – im aliquotierten Ausmaß des erhöhten Krankengeldes, das der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer aus der Erwerbstätigkeit, für welche die Wiedereingliederungsteilzeit in Anspruch genommen wird, gebührt hätte.

Vorzeitige Beendigung

Wenn die arbeitsmedizinische Zweckmäßigkeit der Wiedereingliederungsteilzeit nicht mehr gegeben ist, kann die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer eine vorzeitige Beendigung der Wiedereingliederungsteilzeit und Rückkehr zur ursprünglichen Normalarbeitszeit schriftlich verlangen. Die Rückkehr darf frühestens drei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beendigungswunsches an die Arbeitgeberin/den Arbeitgeber erfolgen.

Entfällt der Anspruch auf Auszahlung des Wiedereingliederungsgeldes, endet die Wiedereingliederungsteilzeit am Tag nach der Entziehung des Wiedereingliederungsgeldes (das heißt mit Ende des Kalendermonats, in dem der Entziehungsgrund eingetreten ist).

Entziehen des Wiedereingliederungsgeldes durch den Krankenversicherungsträger

Das Wiedereingliederungsgeld gebührt grundsätzlich ab dem Beginn der Wiedereingliederungsteilzeit bis zu deren vereinbartem Ende. Es kann jedoch vorzeitig durch den Krankenversicherungsträger entzogen werden.

Als Entziehungsgrund kommt das

  • Überschreiten der in der Wiedereingliederungsteilzeitvereinbarung festgelegten Arbeitszeit um 10 Prozent in Betracht, da dies dem Zweck – nämlich der schrittweisen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess – zuwiderläuft, oder das
  • Wegfallen der Voraussetzungen für die Wiedereingliederungsteilzeit. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn durch einen neuerlichen Krankenstand während der Wiedereingliederungsteilzeit die Wiedereingliederung nicht mehr erreicht werden kann.

Beispiel

Herr A nimmt aufgrund eines Burn-outs die Wiedereingliederungsteilzeit in Anspruch. Tritt die Erkrankung während dieser Zeit wieder in einem solchen Maße auf, dass das Ziel der Wiedereingliederung nicht mehr erreicht werden kann, so ist das Wiedereingliederungsgeld für diese Leistung zu entziehen.

Darüber hinaus erlischt der Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld, wenn der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer für den gleichen Zeitraum ein Rehabilitationsgeld ( oesterreich.gv.at) oder eine Eigenpension ( oesterreich.gv.at) zuerkannt wird.

Krankenversicherung

Die Vereinbarung einer Wiedereingliederungsteilzeit setzt voraus, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer während dieser Zeit ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Entgelt bezieht. Dadurch ist auch gewährleistet, dass eine aufrechte Pflichtversicherung in der Krankenversicherung besteht.

Für den Fall einer Erkrankung während der Wiedereingliederungsteilzeit hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer weiterhin Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung.

Pensionsversicherung

Für Bezieherinnen/Bezieher von Wiedereingliederungsgeld gibt es für die Dauer des Geldleistungsbezuges eine eigene Teilpflichtversicherung in der Pensionsversicherung. Dadurch soll gewährleistet sein, dass die betroffenen Personen durch das Ausüben der Wiedereingliederungsteilzeit und des damit verbundenen niedrigeren Arbeitsentgelts keine Einbußen bei ihrer Pension erleiden. Die Teilpflichtversicherung beginnt mit dem Tag, ab dem das Wiedereingliederungsgeld zusteht, und endet mit dem Wegfall des Wiedereingliederungsgeldes.

Als Beitragsgrundlage wird das Dreißigfache der Bemessungsgrundlage für das Krankengeld abzüglich des aufgrund der Wiedereingliederungsteilzeit herabgesetzten Entgelts herangezogen.

Kündigungsschutz

Für das Ausüben der Wiedereingliederungsteilzeit besteht ein Motivkündigungsschutz:

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer dürfen nicht aus dem Grund gekündigt werden, dass sie eine Wiedereingliederungsteilzeit anstreben oder ausüben. Wird die Kündigung dennoch ausgesprochen, kann diese von der Arbeitnehmerin/vom Arbeitnehmer beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024
Für den Inhalt verantwortlich:
  • Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
  • Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft