Pflegefreistellung

Anspruch auf Pflegefreistellung haben Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen. Dabei handelt es sich um keinen Urlaubsanspruch, sondern um einen Fall der Dienstverhinderung aus wichtigen persönlichen Gründen, bei der das Entgelt weiterhin bezahlt wird.

Gründe für die Inanspruchnahme einer Pflegefreistellung

  • Notwendige Pflege von erkrankten nahen Angehörigen, unabhängig davon, ob diese im gemeinsamen Haushalt leben oder nicht. Dazu gehören
    • Verwandte in gerader Linie (z.B. Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großeltern),
    • Wahl- und Pflegekinder
    • leibliche Kinder der Ehegattin/des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners oder der Lebensgefährtin/des Lebensgefährten,
    • die Ehegattin/der Ehegatte,
    • die eingetragene Partnerin/der eingetragene Partner sowie
    • die Person, mit der die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer in einer Lebensgemeinschaft lebt.
  • Notwendige Pflege einer im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten Person. Dazu gehören z.B.
    • Verwandte, die nicht in gerader Linie verwandt sind (Tanten, Onkeln ...),
    • Andere Personen (Freundinnen/Freunde die keine eingetragenen Partnerinnen/Partner oder die Lebensgefährtin/der Lebensgefährte sind).
  • Notwendige Betreuung des eigenen Kindes, Wahl- und Pflegekindes, und des im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes der Ehegattin/des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners oder der Lebensgefährtin/des Lebensgefährten, wenn die zuständige Betreuungsperson ausfällt (z.B. Erkrankung, Aufenthalt in Heil- oder Pflegeanstalten, Freiheitsstrafe, Tod).

    Für diese Form der Pflegefreistellung (Betreuungsfreistellung) ist kein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich.
     
  • Begleitung des noch nicht zehnjährigen Kindes durch die Eltern bei stationärem Krankenhausaufenthalt. Der Anspruch auf Begleitungsfreistellung besteht auch für das noch nicht zehnjährige Kind der Ehegattin/des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners oder der Lebensgefährtin/des Lebensgefährten, allerdings unter der Voraussetzung, dass ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind besteht.

Pflegefreistellung kann sofort nach Beginn des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen werden.

Der Anspruch auf Pflegefreistellung besteht innerhalb eines Arbeitsjahres höchstens im Ausmaß der Wochenarbeitszeit.

Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer wegen der notwendigen Pflege nachweislich an der Arbeitsleistung gehindert ist. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit gegenüber der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber kann entweder durch

  • mündliche bzw. schriftliche Mitteilung oder
  • Vorlage eines ärztlichen Attests

erbracht werden.

Grundsätzlich bleibt es den Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern überlassen, in welcher Form (Mitteilung oder ärztliches Attest) sie/er die Pflegebedürftigkeit nachweist. Im Vorfeld ist zu klären, ob Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Falls das Unternehmen auf ein ärztliches Gutachten besteht, muss es die dafür in der Arztpraxis verrechneten Kosten übernehmen. In der Regel werden ärztliche Atteste nicht von der Krankenversicherung übernommen. Die Kosten für ein unaufgefordert vorgelegtes ärztliches Attest müssen von den Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern selbst tragen.

Wenn eine andere geeignete Person zur Pflege der erkrankten Person vorhanden ist, ist die Pflege durch die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer nicht notwendig. Grundsätzlich müssen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer jedoch kein Pflegepersonal auf eigene Kosten organisieren.

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer können bei Bedarf die Pflegefreistellung tage-, aber auch nur stundenweise in Anspruch nehmen. Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer müssen das Unternehmen sofort von der Inanspruchnahme der Pflegefreistellung informieren.

Eine Kündigung wegen der beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegefreistellung kann bei Gericht angefochten werden. Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber hat auf ein schriftliches Verlangen der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer muss die schriftliche Begründung bei sonstigem Ausschluss des Recht auf Ausstellung binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen. Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber muss die schriftliche Begründung binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen. Der Umstand, dass eine schriftliche Begründung nicht übermittelt wurde, ist für die Rechtswirksamkeit der Beendigung ohne Belang. 

Eine Klage wegen der Kündigung kann unabhängig davon angestrebt werden, ob eine schriftliche Begründung verlangt wurde und welche Begründung die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber anführt. 

Über die allgemeine Pflegefreistellung hinaus haben Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer Anspruch auf eine erweiterte Pflegefreistellung, wenn

  • die erste Woche der Pflegefreistellung zur Gänze verbraucht ist,
  • neuerlich eine Arbeitsverhinderung wegen der notwendigen Pflege eines noch nicht 12-jährigen erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes), das im gemeinsamen Haushalt lebt, anfällt und
  • Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer nach anderen gesetzlichen Bestimmungen, kollektivvertraglichen Normen oder dem Arbeitsvertrag für diesen Fall kein Entgeltfortzahlungsanspruch zusteht.

Dauer der erweiterten Pflegefreistellung

Anspruch auf eine erweiterte Pflegefreistellung besteht bis zu einem Höchstausmaß einer weiteren Wochenarbeitszeit innerhalb eines Arbeitsjahres. Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer haben das Unternehmen sofort von der Inanspruchnahme der erweiterten Pflegefreistellung zu informieren.

Ist auch der Anspruch auf erweiterte Pflegefreistellung erschöpft, kann die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer zur notwendigen Pflege ihres/seines noch nicht 12-jährigen Kindes einseitig Urlaub antreten.

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer müssen das Unternehmen sofort von der Inanspruchnahme des einseitigen Urlaubsantritts informieren.

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Letzte Aktualisierung: 11. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft