Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

Allgemeine Informationen

Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gibt der Unternehmerin/dem Unternehmer die Möglichkeit, weiterhin Rechtshandlungen vorzunehmen.

Achtung

Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch für Unternehmerinnen/Unternehmer aus EU-Mitgliedstaaten in Österreich.

Voraussetzung für das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ist, dass

  • der Sanierungsplan schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegt wird und
  • das Verfahren qualifiziert vorbereitet ist,
  • innerhalb von zwei Jahren mindestens 30 Prozent der Schulden bezahlt werden können und dass
  • die Mehrheit der Gläubigerinnen/Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmt. Die Gläubigermehrheit muss insgesamt mehr als die Hälfte der Forderungen innehaben. Es zählen nur die Stimmen der bei der Tagsatzung anwesenden Gläubigerinnen/Gläubiger.

Hinweis

Dieses Verfahren kann bereits eingeleitet werden, wenn die Situation der Zahlungsunfähigkeit droht. Dadurch steigt die Chance, das Unternehmen zu erhalten.

Das Sanierungsverfahren wird vom Gericht eröffnet, es bestellt eine Sanierungsverwalterin/einen Sanierungsverwalter. Die Schuldnerin/der Schuldner steht unter deren/dessen Aufsicht, kann aber über ihr/sein Vermögen verfügen. Die Sanierungsverwalterin/der Sanierungsverwalter prüft für das Gericht, ob der Sanierungsplan erfüllbar und wie realistisch der vorgelegte Finanzplan ist. Außerdem überwacht sie/er die Geschäftsführung des Unternehmens und die Ausgaben, die für die Lebensführung der Unternehmerin/des Unternehmers getätigt werden.

Das Unternehmen kann erst verwertet werden, wenn der Sanierungsvorschlag nicht innerhalb von 90 Tagen nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens angenommen wird.

Wird der Sanierungsplan von den Gläubigerinnen/Gläubigern nicht innerhalb von 90 Tagen angenommen, so entzieht das Gericht die Eigenverwaltung und bestellt eine Masseverwalterin/einen Masseverwalter. Eine Sanierung ohne Eigenverwaltung bleibt aber möglich.

Jedoch wird die Eigenverwaltung entzogen und das Verfahren außerdem zu einem Konkursverfahren (inklusive Bezeichnungsänderung in der Insolvenzdatei im Internet, wenn

  • die Unternehmerin/der Unternehmer den Sanierungsplan zurückzieht,
  • der Sanierungsplan vom Gericht zurückgewiesen wird,
  • der Sanierungsplan in der Sanierungsplantagsatzung von den Gläubigerinnen/Gläubigern abgelehnt wird oder
  • sich herausstellt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen.

Mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung des Sanierungsplans ist das Insolvenzverfahren aufgehoben; es enden die Wirkungen der Insolvenz.

Fristen

Spätestens 60 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung muss ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden.

Zuständige Stelle

Das Landesgericht (→ BMJ), in Wien das Handelsgericht Wien (→ BMJ), in Graz das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (→ BMJ)

Erforderliche Unterlagen

  • Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
  • Antrag auf Annahme eines Sanierungsplans

Der Antrag auf Annahme eines Sanierungsplans mit Eigenverwaltung muss enthalten:

  • Angaben darüber, wie die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Mittel aufgebracht werden sollen
  • Angaben über die Anzahl der Beschäftigten und über deren im Unternehmen errichteten Organe
  • Angaben über die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Reorganisationsmaßnahmen, insbesondere Finanzierungsmaßnahmen

Weiters muss vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens vorgelegt werden:

  • Sanierungsplan, in dem den Insolvenzgläubigern angeboten wird, innerhalb von längstens zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplans mindestens 30 Prozent der Forderungen zu zahlen
  • Genaues Vermögensverzeichnis
  • Aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand, in der die Bestandteile des Vermögens auszuweisen und zu bewerten und die Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen und aufzugliedern sind (Status)
  • Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage, aus der sich ergibt, wie die für die Fortführung des Unternehmens und die Bezahlung der Masseforderungen notwendigen Mittel aufgebracht und verwendet werden sollen (Finanzplan)
  • Verzeichnis der gesetzlich vorgeschriebenen zu verständigenden Personen (Insolvenzgläubiger, deren Anschrift bekannt ist; Belegschaftsorgane; Personen, die sich zur Übernahme einer Haftung für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin/des Schuldners bereit erklären)
  • Letzten drei Jahresabschlüsse (bei bestehender Verpflichtung zur Führung von Büchern)

Die Schuldnerin/der Schuldner hat die Angaben zu belegen, das Vermögensverzeichnis eigenhändig zu unterschreiben und sich zugleich bereitzuerklären, vor dem Gericht zu unterfertigen, dass seine Angaben über den Aktiv- und Passivstand richtig und vollständig sind und dass er von seinem Vermögen nichts verschwiegen hat.

Zusätzliche Informationen

Die Eröffnung des Sanierungsverfahrens wird in der Insolvenzdatei im Internet öffentlich bekannt gemacht, auch die Information, ob es sich um ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung handelt.

Nach vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans hat die Schuldnerin/der Schuldner die Möglichkeit, eine Löschung aus der Insolvenzdatei und dem Firmenbuch zu erwirken.

Tipp

Da die Verfahrensvorschriften sehr komplex sind, empfiehlt es sich, eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt (→ ÖRAK) zu beauftragen.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

§§ 140 bis 179 Insolvenzordnung (IO)

Experteninformation

Es steht keine Experteninformation zur Verfügung.

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2022

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Justiz

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