Erbrechtliche Aspekte
Das Erbrecht gilt selbst in Fachkreisen als kompliziert. Aspekte der Unternehmensnachfolge vereinfachen die Lebensumstände ebenso nicht gerade.
Der erste wichtige Hinweis für eine Unternehmerin/einen Unternehmer ist, dass in der Erbfolge Unternehmen und sonstiges Vermögen, wie beispielsweise Liegenschaften und Bankvermögen, getrennt behandelt werden müssen. Bei Unternehmen sind besondere Rahmenbedingungen gegeben, denn es kommen zu familiären Gegebenheiten gesetzliche Vorschriften (u.a. Erb-, Steuer-, Gewerbe-, Arbeits-, Sozial- und Gesellschaftsrecht) und gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen hinzu, die unbedingt bei der Gestaltung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge bedacht werden müssen. Und: Unabhängig vom tatsächlichen Zeitpunkt der Übergabe muss diese unbedingt rechtzeitig, das heißt möglichst früh, geplant werden.
Zur Illustrierung dient ein Sachverhalt, der häufig auftretende Probleme aufzeigt:
Beispiel
Eine Unternehmerin, verheiratet, dazu Mutter eines Sohnes und einer Tochter, betreibt eine Firma in der Rechtsform einer GmbH. Das Unternehmen floriert und schreibt schöne Gewinne, die wieder in der GmbH investiert werden. Der Sohn arbeitet im Unternehmen mit und wird im Laufe der Zeit auch mit zehn Prozent an der GmbH beteiligt und schließlich zum Geschäftsführer bestellt.
Da das gesamte Vermögen der Seniorchefin im Unternehmen steckt, bleibt für einen Erbteil ihres Ehemannes und ihrer Tochter kein (Bar-)Geld mehr übrig. Der Sohn bekommt ein Geschäftsführergehalt und die Gesellschafter der GmbH Gewinne. Die Mutter hat kein Testament gemacht und der Gesellschaftsvertrag sieht keine Aufgriffsrechte für Mitgesellschafter im Todesfall vor. Verstirbt die Mutter, so wird ihr Geschäftsanteil an der GmbH mangels einer anderslautenden Vereinbarung auf ihre gesetzlichen Erben, das sind ihr Ehemann und ihre beiden Kinder, zu je einem Drittel aufgeteilt. Der Sohn hat dadurch keine Mehrheit am Unternehmen, er könnte als Geschäftsführer abberufen und eine Gewinnausschüttung gegen seinen Willen beschlossen werden. Der Sohn sieht sich dazu der Gefahr ausgesetzt, dass der Vater und die Schwester die Anteile an dritte Personen veräußern. Selbst wenn diese die Anteile nur an den Sohn verkaufen wollen, verfügt der Sohn vielleicht nicht über die Mittel, die Anteile zu kaufen.
Eine Lösung könnte folgendermaßen aussehen: Die Unternehmerin hätte in einem Testament ihren Sohn zum Alleinerben einsetzen können. Daneben hätte sie den Gesellschaftsvertrag (in der Form eines Notariatsaktes) so fassen können, dass sie dem Sohn als Mitgesellschafter ein Aufgriffsrecht, insbesondere für den Fall ihres Ablebens, einräumt. Weiters hätte sie dem Sohn ein Sonderrecht auf Geschäftsführung oder bereits zu Lebzeiten eine Mehrheit an der Gesellschaft geben können. Als Ausgleich dafür hätte sie ihrem Mann und seiner Tochter für den geringeren Gesellschaftsanteil ein erhöhtes Gewinnbezugsrecht einräumen können.
Was mit diesem Beispiel aufgezeigt wird: Unabhängig von der Rechtsform (GmbH, KG, OG, Einzelunternehmen), in der ein Unternehmen betrieben wird, bedarf es für den Ablebensfall einer rechtzeitigen Analyse der gesellschaftsvertraglichen Rahmenbedingungen und zumeist gleichzeitig der Errichtung einer letztwilligen Verfügung, insbesondere eines Testamentes.
Für den Inhalt verantwortlich: Österreichische Notariatskammer