Innergemeinschaftlicher Versandhandel nach Österreich
- Rechtliche Grundlagen
- Abnehmerkreis im innergemeinschaftlichen Versandhandel
- Berechnung der Lieferschwelle
- Antrag auf Vergabe einer Abgabenkontonummer bzw. UID-Nummer
- Fiskalvertreterin/Fiskalvertreter
- Offenlegung/Selbstanzeige
- Abgabe der Umsatzsteuererklärung und Umsatzsteuervoranmeldungen
- Formulare
- Kontakt – steuerliche Erfassung
- Versandhandel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren
- Weiterführende Informationen
Rechtliche Grundlagen
Werden Gegenstände aus einem EU-Land nach Österreich an Abnehmerinnen/Abnehmer durch eine ausländische Lieferantin/einen ausländischen Lieferanten befördert oder auf dessen Auftrag versendet, so ist die Lieferung grundsätzlich dort zu versteuern, wo die Beförderung oder Versendung beginnt (§ 3 Abs 8 UStG). Abweichend davon bestimmt Art. 3 Abs 3 bis 7 UStG, dass der Ort von Lieferungen, bei denen der Liefergegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, unter bestimmten Voraussetzungen am Ende der Beförderung bzw. Versendung gelegen ist.
Im Wesentlichen stellt die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung auf eine bestimmte Art der Warenbewegung, einen bestimmten Abnehmerkreis und bestimmte Liefergegenstände ab.
Achtung
Ab 1. Jänner 2021 kann die in anderen Mitgliedstaaten zu entrichtende Umsatzsteuer auf innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze über den EU-One-Stop Shop (EU-OSS) in nur einem Mitgliedstaat erklärt werden.
Abnehmerkreis im innergemeinschaftlichen Versandhandel
- Private
- Unternehmerinnen/Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben
- Schwellenerwerberinnen/Schwellenerwerber, die z.B. auf die Anwendung der Erwerbsschwelle nicht verzichtet haben. Schwellenerwerberinnen/Schwellenerwerber sind Unternehmerinnen/Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Vorsteuerausschluss führen (z.B. Kleinunternehmerinnen/Kleinunternehmer)
- pauschalierte Landwirtinnen/pauschalierte Landwirte
- juristische Personen, die nicht Unternehmerinnen/Unternehmer sind oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben (z.B. Kammern, Gemeinden).
Die Vorschriften über den innergemeinschaftlichen Versandhandel stellen sicher, dass es bei der Lieferung an Private oder Schwellenerwerberinnen/Schwellenerwerber ab einem gewissen Lieferumfang pro Bestimmungsland zur umsatzsteuerlichen Erfassung im Bestimmungsland z.B. Österreich kommt. Dadurch sollen Wettbewerbsverzerrungen, die sich durch die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze in der EU ergeben könnten, vermieden werden.
Überschreitet die liefernde Unternehmerin/der liefernde Unternehmer im jeweiligen Bestimmungsland/in Österreich die Lieferschwelle iHv 35.000 Euro, so kommt die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung zur Anwendung. Der Lieferort verlagert sich an jenen Ort, wo die Beförderung oder Versendung endet, also in den Bestimmungsmitgliedstaat/ Österreich (Art 3 Abs 3 UStG).
Beispiel
Ein deutsches Unternehmen versendet Gegenstände an Privatpersonen in Österreich. Die Lieferschwelle in Österreich (35.000 Euro) wird überschritten.
Der Lieferort verlagert sich von Deutschland nach Österreich, an das Ende der Versendung. Die Lieferungen sind in Österreich als Inlandslieferungen steuerbar und steuerpflichtig. Das deutsche Unternehmen muss sich in Österreich umsatzsteuerlich registrieren lassen. Die Rechnungen an die österreichischen Privatpersonen sind − verpflichtend − mit österreichischer Umsatzsteuer auszustellen ( Art 11 Abs 1 zweiter Satz UStG).
Handelt es sich bei der Lieferantin/beim Lieferanten um eine ausländische Unternehmerin/einen ausländischen Unternehmer im Sinne des § 27 Abs 4 UStG und tätigt sie/er Versandhandelsumsätze an Schwellenerwerberinnen/Schwellenerwerber, die Unternehmerinnen/Unternehmer sind (Kleinunternehmerinnen/Kleinunternehmer, pauschalierte Landwirtinnen/pauschalierte Landwirte, Unternehmerinnen/Unternehmer mit unecht befreiten Umsätzen) oder an juristische Personen des öffentlichen Rechts, so haben diese Empfängerinnen/Empfänger die auf die Lieferung entfallende Umsatzsteuer einzubehalten und an das für die Lieferantin/den Lieferanten zuständige Finanzamt (Graz-Stadt) abzuführen.
Anmerkung: Unternehmerinnen/Unternehmer ohne Sitz oder Wohnsitz im Inland können von der Kleinunternehmerregelung gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG keinen Gebrauch machen.
Berechnung der Lieferschwelle
Die Berechnung der Lieferschwelle ist für jedes Mitgliedsland, daher auch für Österreich, gesondert vorzunehmen. Bei der Berechnung der Lieferschwelle sind nur Umsätze aus der Versandhandelsregelung zu berücksichtigen.
Außer Ansatz bleiben innergemeinschaftliche Lieferungen, Entgelte für die Lieferung neuer Fahrzeuge, Entgelte für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und Umsätze, die der Differenzbesteuerung unterliegen.
Unternehmerinnen/Unternehmer aus anderen EU-Staaten, die in Österreich an Privatpersonen bzw. Schwellenerwerberinnen/Schwellenerwerber liefern, müssen ab folgendem Zeitpunkt mit österreichischer Umsatzsteuer fakturieren:
- bei Überschreiten der Lieferschwelle iHv 35.000 Euro im Vorjahr:
Fakturierung mit österreichischer Umsatzsteuer ab dem 1. Umsatz des laufenden Jahres - bei Überschreiten der Lieferschwelle iHv 35.000 Euro im laufenden Jahr:
Fakturierung mit österreichischer Umsatzsteuer ab jenem Umsatz, mit dem die Lieferschwelle überschritten wurde.
Da die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung auch zur Anwendung kommt, wenn die Lieferantin/der Lieferant den Gegenstand der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat und die Abfertigung in einem anderen Mitgliedsstaat als Österreich als Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt, können auch Unternehmerinnen/Unternehmer aus Drittländern bzw. Drittgebieten in Österreich solche steuerpflichtigen Umsätze tätigen.
Tipp
Ab 1. Jänner 2021 wird die Lieferschwelle abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt sind innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze bereits ab dem ersten Euro im Bestimmungsland zu versteuern. Zur Vereinfachung sind Umsätze von Kleinstunternehmern, die über keine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat verfügen und in anderen Mitgliedstaaten Versandhandelsumsätze und Dienstleistungen iSd Art 3a Abs 5 Z 1 UStG 1995 von insgesamt maximal 10.000 Euro tätigen, im Ursprungsland zu versteuern. Auf die Vereinfachung für Kleinstunternehmer kann verzichtet werden.
Antrag auf Vergabe einer Abgabenkontonummer bzw. UID-Nummer
- Verf 19: Fragebogen für das Veranlagungsverfahren
- Zusätzlich: Angabe der Vertriebskanäle (z.B.: Homepage, Katalog etc.) Hinweis: Die Vergabe einer UID-Nummer für Unternehmen, die im Bereich Versandhandel tätig sind, ist grundsätzlich nicht vorgesehen, da zur Entrichtung der Steuerschuld lediglich eine Abgabenkontonummer benötigt wird. Sollte dennoch eine UID-Nummer benötigt werden ist dies im Formular Verf 19 ausreichend zu begründen)
- Verf 26: Unterschriftsprobeblatt
- Gültige UID-Nummer oder Nachweis über die Unternehmereigenschaft ausgestellt vom Finanzamt im Ansässigkeitsstaat (Original)
- Kopie des Gesellschaftsvertrages
- Kopie des Reisepasses / Personalausweis der Geschäftsführerin/des Geschäftsführers
- Kopie des Handelsregisterauszuges
Fiskalvertreterin/Fiskalvertreter
In jenen Fällen, in denen die Unternehmerin/der Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet weder Wohnsitz, noch Sitz oder Betriebsstätte hat und auch kein entsprechendes Amtshilfeabkommen vorliegt, ist die Bestellung einer Fiskalvertreterin/eines Fiskalvertreters im Sinne des § 27 Abs 7 UStG, die/der auch Zustellungsbevollmächtigte/Zustellungsbevollmächtigter sein muss, erforderlich.
Offenlegung/Selbstanzeige
Sollte das Unternehmen die innergemeinschaftliche Versandhandelsgrenze in der Höhe von 35.000 Euro in vorangegangen Kalenderjahren überschritten haben, sind diese auch im Nachhinein zu erklären.
Dazu steht die Möglichkeit einer Selbstanzeige bzw. Offenlegung der Umsätze zur Verfügung.
Informationen über den korrekten Ablauf einer "Selbstanzeige (→ BMF)" finden sich auf der Website des BMF.
Abgabe der Umsatzsteuererklärung und Umsatzsteuervoranmeldungen
Umsatzsteuerjahreserklärung
Formular: "U1" (des jeweiligen Kalenderjahres) | z.B.: U1 2013 |
Abgabetermin: | |
in Papierform | 30. April des Folgejahres |
elektronisch | 30. Juni des Folgejahres |
Umsatzsteuervoranmeldung
Formular: "U30" (des jeweiligen Kalenderjahres) | |
Abgabetermin: | bis zum 15. Tag des zweitfolgenden Kalendermonats |
Entrichtung des Steuerbetrages: | bis zum 15. Tag des zweitfolgenden Kalendermonats |
Höhe der Umsätze pro Jahr (Netto) | Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung |
Bis 35.000 Euro | Keine Abgabe notwendig |
35.000 Euro bis 100.000 Euro | vierteljährlich |
Ab 100.000 Euro | monatlich |
Information zur elektronischen Abgabe der Steuererklärung bzw. für die dazu notwendige Registrierung finden sich auf der Website von FinanzOnline (→ BMF).
Formulare
Alle angeführten Formulare stehen auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen unter dem Menüpunkt "Formulare" zum Download bereit.
Kontakt – steuerliche Erfassung
Der Antrag auf steuerliche Erfassung ist per Post oder Fax an nachstehende Adresse zu richten:
Finanzamt Graz-Stadt z.H.: BV31 /BV32 |
E-Mail Post.FA68-BV12@bmf.gv.at (BV 32) bzw. Bankverbindung des Finanzamtes Graz-Stadt: BIC: OPSKATWW |
Versandhandel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren
Zusätzlich zu den Regelungen des Umsatzsteuergesetzes sind für den Versandhandel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren folgende Bestimmungen zu beachten:
Versandhandel betreibt, wer verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Alkohol-, des Bier-, des Mineralöl-, Tabak- oder des Schaumweinsteuergesetzes aus dem freien Verkehr des Mitgliedstaates, in dem er seinen Geschäftssitz hat, an Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten liefert und den Versand an die Erwerberin/den Erwerber selbst durchführt oder durchführen lässt.
Als Privatperson gilt in diesem Fall jeder, der sich gegenüber der Versandhändlerin/dem Versandhändler nicht als Abnehmerin/Abnehmer deklariert, dessen innergemeinschaftliche Erwerbe nach den Vorschriften des UStG der Umsatzsteuer unterliegen (Keine Angabe der UID).
Wer verbrauchsteuerpflichtige Waren als Versandhändlerin/Versandhändler in das Steuergebiet liefern will, hat dies für jede Lieferung vor der Versendung dem Zollamt Innsbruck anzuzeigen und Sicherheit zu leisten. Die Verbrauchsteuerschuld entsteht mit Auslieferung der verbrauchsteuerpflichtigen Ware an die Privatperson im Steuergebiet. Steuerschuldnerin/Steuerschuldner ist grundsätzlich die Versandhändlerin/der Versandhändler. Wird das Verfahren des Versandhandels nicht eingehalten, wird auch die Empfängerin/der Empfänger zur Steuerschuldnerin/zum Steuerschuldner.
Sollen verbrauchsteuerpflichtige Waren nicht nur gelegentlich im Versandhandel geliefert werden, kann beim Zollamt Innsbruck auf Antrag die Zulassung zu Lieferungen in das Steuergebiet allgemein erteilt werden. Für nähere Auskünfte zum Versandhandel ist das Zollamt Innsbruck zu kontaktieren.
Achtung
Für Tabakwaren (gilt auch für Schnupftabak und Kautabak) besteht auf Grund des Tabakmonopolgesetzes ein generelles Handelsverbot. Auch das Tabaksteuergesetz verbietet den Versandhandel mit Tabakwaren (§ 30 TabStG). Das bedeutet, dass die Bestellung sowie der Bezug von Tabakwaren über das Internet oder andere Fernkommunikationsmittel wie Telefon, Teleshopping, E-Mail und dgl verboten ist. Dies gilt sowohl bei einem Bezug aus Nicht-EU-Staaten als auch bei einem Bezug aus EU-Staaten.
Für im Ausland bestellte und ins Steuergebiet gelieferte Tabakwaren entsteht in Österreich die Steuerschuld, wobei die Erwerberin/der Erwerber neben der Versandhändlerin/dem Versandhändler zur Steuerschuldnerin/zum Steuerschuldner wird.
Die verbotswidrige Bestellung von Tabakwaren kann zu einem Finanzstrafverfahren führen.
Die Vorschriften über die Erwerbsschwelle iHv 11.000 Euro und die Lieferschwelle iHv 35.000 Euro (Art 3 Abs 4 Z 2 und Abs 5 UStG) gelten nicht für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren. Derartige Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten sind immer der österreichischen Umsatzsteuer zu unterwerfen oder führen zur Erwerbsbesteuerung.
Es wird darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Einhaltung der zoll- und steuerrechtlichen Bestimmungen mit Kontrollen, sowohl durch die Zoll- als auch durch die Finanzverwaltung, gerechnet werden muss und die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt werden können.
Weiterführende Informationen
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen