Elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen

Elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen (TBE Leistungen) sind grundsätzlich am Ort der Leistungsempfänger (Empfängerort) steuerbar. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um B2B Leistungen an Unternehmen (Grundregel nach § 3a Abs 6 UStG) oder um B2C Leistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer (§ 3a Abs 13 UStG) handelt. Ausgenommen von der Besteuerung am Empfängerort sind Kleinstunternehmen.

Erfolgt die Besteuerung am Empfängerort, müssen Unternehmen bei jeder einzelnen Leistung ermitteln, wo ihre Kundin/ihr Kunde ansässig ist. Um den Aufwand, der mit der Bestimmung des Empfängerorts verbunden ist, zu verringern, gibt es EU-weit Vermutungen für den Empfängerort. Überdies kann die in anderen Mitgliedstaaten zu entrichtende Umsatzsteuer für TBE Leistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer (B2C) über den One-Stop-Shop erklärt werden.

Eine elektronische Leistung ist eine Leistung, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht wird, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert ist und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich ist.

Elektronische Dienstleistungen sind u.a.:

  • Bereitstellung von Web-Sites, Web-Hosting, Online-Data-Ware-Housing (Datenspeicherung und -abruf auf elektronischem Wege)
  • Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung (Updates)
  • Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen (E-Books, Online-Zeitungen)
  • Bereitstellung von Datenbanken (z.B. Suchmaschinen)
  • Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus dem Bereich Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung
  • Erbringung von elektronischen Fernunterrichtsleistungen

Keine elektronischen Dienstleistungen sind u.a.:

  • Lieferungen aufgrund elektronischer Bestellung
  • Lieferungen von körperlichen Datenträgern (z.B. CD-RomCD, Disketten, DVD etc.)
  • Lieferungen von Druckerzeugnissen sowie von Spielen auf CD-Rom
  • Nicht automatisierter Fernunterricht
  • Reparatur von EDV-Ausrüstung
  • Kommunikation via E-Mail (auch Beratungsleistungen)
  • Internetzugang sowie Videofonie

Vermutungen für Empfängerort

Können TBE Leistungen nur an einem bestimmten Ort empfangen werden und erfordert der Empfang der Leistung die physische Anwesenheit der Leistungsempfängerin/des Leistungsempfängers (z.B. bei Telefonzellen oder bei der entgeltlichen Zurverfügungstellung eines Internetzugangs bei WLAN-Hotspots, Internetcafés etc.), gilt die Vermutung, dass der Leistungsempfänger an diesem Ort ansässig ist.

Werden die Leistungen über einen Festnetzanschluss erbracht, gilt die Vermutung, dass der Empfängerort am Ort des Festnetzanschlusses liegt.

Bei Leistungserbringung über mobile Netzwerke ist der Ländercode der SIM-Karte maßgeblich.

Benötigt der Empfang der Leistung einen Decoder, eine Programm- oder Satellitenkarte (z.B. bei Rundfunkleistungen), gilt die Vermutung, dass der Empfängerort dort ist, wo sich dieses Gerät bzw. diese Karte befindet. Ist dieser Ort nicht bekannt, wird vermutet, dass sich der Leistungsort an der Adresse befindet, an die die Programm- oder Satellitenkarte versendet wurde.

In allen anderen Fällen reichen dem Unternehmen zur Feststellung des Empfängerorts zwei einander nicht widersprechende Beweismittel. Als Beweismittel gelten unter anderem Rechnungsanschrift, IP-Adresse, Bankangaben, aber auch alle anderen wirtschaftlich relevanten Informationen.

Das Finanzamt kann diese Vermutungen widerlegen, wenn Hinweise auf die falsche Anwendung oder Missbrauch der Vermutungen durch den Leistungserbringer vorliegen.

Vermutung zum Leistungserbringer

Bei elektronisch erbrachten sonstigen Leistungen und bei über das Internet erbrachten Telefondiensten wird vermutet, dass ein an der Leistungserbringung beteiligtes Unternehmen im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen ("Anbieter") tätig wird und somit als Leistungserbringer gegenüber der jeweiligen Kundin/dem jeweiligen Kunden anzusehen ist, wenn die Leistung über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal (z.B. über einen Appstore) erbracht wird. Diese Vermutung ist unter folgenden kumulativen Voraussetzungen widerlegbar (Art 9a VO (EU) 282/2011 idF (EUVO 1042/2013):

  • Auf allen Rechnungen/Quittungen muss die Dienstleistung und ihr Leistungserbringer angegeben sein
  • Das an der Leistungserbringung beteiligte Unternehmen
    • autorisiert oder genehmigt weder die Erbringung dieser Dienstleistung noch die Abrechnung mit dem Leistungsempfänger und
    • legt nicht die allgemeinen Bedingungen der Erbringung fest.
  • Dies kommt in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck.

Ein an der Leistungserbringung beteiligtes Unternehmen wäre z.B. ein Telekommunikationsunternehmen, welches einerseits die elektronisch erbrachte Dienstleistung gegenüber der Endverbraucherin/dem Endverbraucher abrechnet und ihm gleichzeitig ein Telekommunikationsnetz dafür zur Verfügung stellt.

Kleinstunternehmen

Zur Vereinfachung sind TBE Leistungen, die durch Kleinstunternehmen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer erbracht werden, nicht am Empfängerort, sondern am Unternehmerort zu versteuern (Art 3a Abs 5 UStG). Als Kleinstunternehmen idS gelten Unternehmen,

  • die nur in einem EU-Mitgliedstaat betrieben werden und über keine Betriebstätte in einem anderen Mitgliedstaat verfügen und
  • die maßgebliche Umsatzgrenze von 10.000 Euro nicht überschritten haben.

Für die Berechnung der Umsatzgrenze iHv 10.000 Euro sind alle TBE Leistungen, die an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässig sind, erbracht werden, sowie innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze zu berücksichtigen. Wenn die betreffenden Umsätze über dem Schwellenwert von 10.000 Euro liegen bzw. diesen im laufenden Kalenderjahr überschreiten werden oder das leistende Unternehmen auf die Anwendung der neuen Schwellenwertregelung verzichtet, so bleibt der Umsatz am Empfängerort nach § 3a Abs 13 UStG steuerbar.

Der Verzicht auf die Kleinstunternehmerregelung ist schriftlich innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum eines Kalenderjahres, in dem erstmals eine solche Leistung getätigt worden ist, einzubringen und bindet das Unternehmen für mindestens zwei Kalenderjahre. Die schriftliche Erklärung kann auch durch Aufnahme der Umsätze über eine Erklärung im One-Stop-Shop erfolgen (siehe Umsatzsteuerrichtlinien 2000, Rz 3918 ff).

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Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen

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