Buchführungspflicht und Buchführung

Die steuerliche Buchführungspflicht kann sich in erster Linie aus dem Unternehmensgesetzbuch (§§ 189 ff UGB) ergeben, weil eine unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflicht auch eine steuerliche Buchführungspflicht (Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, doppelte Buchführung) nach sich zieht (§ 124 Bundesabgabenordnung – BAO). Die Buchführungsgrenzen des § 125 BAO sind nur für Land- und Forstwirtinnen/Land- und Forstwirte oder wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 31 BAO) anzuwenden.

Nach UGB rechnungslegungspflichtige Unternehmen ("Bilanzierer")

Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften (mit natürlichen Personen als unbeschränkt Haftende), ausgenommen für freie Berufe und Land- und Forstwirte, definiert § 189 Abs 1 Z 2 UGB Umsatzschwellenwerte, bei deren Überschreitung die Rechnungslegungspflicht eintritt.

  • Dabei muss der (untere) Umsatzschwellenwert zweimal hintereinander (= nachhaltig) überschritten worden sein. Sodann tritt nach Ablauf eines "Pufferjahres" die Rechnungslegungspflicht mit dem übernächsten Geschäftsjahr (= Wirtschaftsjahr) ein (bei Überschreiten in den Jahren 2021 und 2022 daher ab dem Jahr 2024).
  • Wird der "qualifizierte" (obere) Umsatzschwellenwert überschritten, tritt die Rechnungslegungspflicht bereits bei einmaligem Überschreiten und ohne Pufferjahr ein, somit bereits ab dem nächstfolgenden Geschäftsjahr, bei Überschreiten im Jahr 2023 daher ab dem Jahr 2024.
Die Schwellenwerte betragen:
  Umsatzschwellenwert Qualifizierter Schwellenwert
  700.000 Euro 1.000.000 Euro
Rechnungslegungspflicht tritt ein: bei zweimaliger aufeinanderfolgender Überschreitung bei einmaliger Überschreitung
ab wann? nach einem Pufferjahr ohne Pufferjahr bereits ab dem Folgejahr
Beispiele: Umsätze 2021 und 2022 jeweils 750.000 Euro. Rechnungslegungspflicht ab 2024 Umsatz 2023: 1.050.000 Euro. Rechnungslegungspflicht ab 2024

Der Entfall einer bestehenden Rechnungslegungspflicht (Buchführungspflicht) erfordert grundsätzlich ebenfalls ein zweimaliges Unterschreiten des Umsatzschwellenwertes, tritt jedoch ohne "Pufferjahr" bereits ab dem darauf folgenden Jahr ein (bei Unterschreiten in den Jahren 2022 und 2023 entfällt die Rechnungslegungspflicht daher bereits ab dem Jahr 2024).

Diese Grenzen gelten in erster Linie für Gewerbetreibende. Die bei Überschreitung dieser Grenzen eintretende Rechnungslegungspflicht führt dabei automatisch zur Buchführungspflicht nach § 5 EStG.

Die Eintragung ins Firmenbuch ist für die Frage der Buchführungspflicht und die Art der Gewinnermittlung nicht maßgebend.

Hinweis

Für freie Berufe iSd UGB (z.B. Ärztinnen/Ärzte, Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte, Notarinnen/Notare, Künstlerinnen/Künstler, Schriftstellerinnen/Schriftsteller) ist keine unternehmensrechtliche (und auch keine steuerliche) Buchführungspflicht vorgesehen. Selbstverständlich können Freiberuflerinnen/Freiberufler – wie alle anderen Unternehmerinnen/Unternehmer, die nicht buchführungspflichtig sind – freiwillig Bücher führen. Für Unternehmerinnen/Unternehmer, die zwar Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 22 EStG erzielen, aber keine freien Berufe im Sinne des UGB ausüben (z.B. Hausverwalterinnen/Hausverwalter), sind die Umsatzschwellenwerte des UGB hingegen anzuwenden. Ihr Überschreiten führt aber nicht zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG, sondern nach § 4 Abs 1 EStG.

Für Personengesellschaften, also Offene Gesellschaften (OG) oder Kommanditgesellschaften (KG) mit mindestens einer natürlichen Person als unbeschränkt haftender Gesellschafterin/unbeschränkt haftendem Gesellschafter und Gesellschaften nach bürgerlichem Recht (GesbR) gelten hier die gleichen Regelungen wie für Einzelunternehmerinnen/Einzelunternehmer (Umsatzgrenzen, keine Rechnungslegungspflicht für freie Berufe).

Eine umsatz- und tätigkeitsunabhängige (also auch bei nicht gewerblichen Tätigkeiten bestehende) Buchführungspflicht gilt für Kapitalgesellschaften (GmbH bzw. FlexKapGAG) und für die GmbH & Co KG (bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftet). Man spricht daher von einer "Rechnungslegungspflicht kraft Rechtsform".

Steuerliche Formen der Gewinnermittlung

Nachstehende Übersicht fasst die Formen des betrieblichen Rechnungswesens für Gewerbebetriebe gemäß § 23 EStG zusammen (Rechtslage ab dem Jahr 2021).

Rechtsform Umsatzgrenze Art des Rechnungswesens
Einzelunternehmen und Personengesellschaften (OG, KG) Umsatzsteuerbefreiung aufgrund der Kleinunternehmerregelung (§ 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994) ist anwendbar (bis 40.000 Euro Umsatz im laufenden Jahr) wahlweise Kleinunternehmerpauschalierung1, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder freiwillige doppelte Buchführung (nach § 4 Abs 1 EStG) möglich
  bis 220.000 Euro Umsatz im Vorjahr
 
wahlweise Basispauschalierung2), Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder freiwillige doppelte Buchführung (nach § 4 Abs 1 EStG) möglich
  bis 700.000 Euro Umsatz wahlweise uU branchenspezifische Pauschalierung, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder freiwillige doppelte Buchführung (nach § 4 Abs 1 EStG; bei Fortsetzungsoption3) auch nach § 5 EStG) möglich
  bei zweimaligem (nachhaltigem) Überschreiten der Umsatzgrenze von 700.000 Euro oder einmaligem (qualifiziertem) Überschreiten von 1.000.000 Euro doppelte Buchführung nach § 5 EStG verpflichtend
Kapitalgesellschaften (GmbH bzw. FlexKapGAG), GmbH & Co KG keine Umsatzgrenze doppelte Buchführung (nach § 5 EStG, gilt für GmbH bzw. FlexKapG und AG auch bei nicht gewerblicher Tätigkeit) unabhängig vom Umsatz stets verpflichtend

1) Siehe auch Pauschalierung. Alternativ dazu kann auch die Basispauschalierung oder die branchenspezifische Pauschalierung in Anspruch genommen werden.

2) Siehe auch Pauschalierung. Alternativ dazu kann auch die branchenspezifische Pauschalierung in Anspruch genommen werden.

3) Antrag auf Fortsetzung der Gewinnermittlung nach § 5 EStG bei Wegfall der Rechnungslegungspflicht wegen zweimaligem Unterschreiten des Schwellenwertes (§ 5 Abs 2 EStG).

Der Entfall der Rechnungslegungspflicht erfordert grundsätzlich ebenfalls ein zweimaliges Unterschreiten des Schwellenwertes von 700.000 Euro, tritt jedoch ohne "Pufferjahr" bereits ab dem darauffolgenden Jahr ein.

Beispiel

Ein nicht rechnungslegungspflichtiger Textilwarenhändler erzielte in den Jahren 2021 und 2022 erstmals Umsätze von jeweils mehr als 700.000 Euro (aber unter 1.000.000 Euro). Aufgrund des zweimaligen Überschreitens der Umsatzschwelle von 700.000 Euro liegt nach dem "Pufferjahr" 2023 ab dem Jahr 2024 Rechnungslegungspflicht nach dem UGB (und damit grundsätzlich die Pflicht zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG) vor. Unterschreitet der Textilwarenhändler allerdings in den Jahren 2023 und 2024 die Umsatzgrenze von 700.000 Euro, entfällt die Rechnungslegungspflicht wieder ab dem Jahr 2025. Er kann die Gewinnermittlung nach § 5 EStG aber dennoch auf Antrag auch für die Jahre ab 2025 beibehalten ("Fortführungsoption" nach § 5 Abs 2 EStG). Alternativ wäre aber auch ein Wechsel zur (freiwilligen) Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG oder zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG (Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) möglich.

Gewinnermittlung bei Gründung eines Betriebes

Im Wirtschaftsjahr der Gründung eines Betriebes kann eine Rechnungslegungspflicht nur kraft Rechtsform (also insbesondere bei Führung des Betriebes in Form einer GmbH bzw. FlexKapG) gegeben sein. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften (ausgenommen GmbH & Co KG) ist die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung anwendbar. Alternativ dazu können die unterschiedlichen Pauschalierungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden, wenn die Umsätze die jeweils maßgeblichen Umsatzgrenzen nicht übersteigen.4) Es kann aber auch eine freiwillige Buchführung (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG) gewählt werden.

Gewinnermittlung bei Übernahme eines bereits bestehenden Betriebes

Erwirbt eine Unternehmerin/ein Unternehmer einen bereits bestehenden Betrieb im Wege der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge, muss sie/er, wenn der Rechtsvorgänger rechnungslegungspflichtig war, die Rechnungslegungspflicht durchgehend beachten (§ 189 Abs. 2 Z 2 UGB). Dies gilt aber dann nicht, wenn die Umsatzerlöse des übernommenen Betriebes in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren die Umsatzgrenze von 700.000 Euro unterschritten haben. Diese Ausnahme von der Rechnungslegungspflicht setzt jedoch voraus, dass der Erwerber nicht schon selbst z.B. kraft Rechtsform (also insbesondere bei Führung des übernommenen Betriebes in Form einer GmbH bzw. FlexKapG) rechnungslegungspflichtig ist.

Besteht keine Rechnungslegungspflicht, ist für Einzelunternehmen und Personengesellschaften (ausgenommen GmbH & Co KG) die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung anwendbar. Alternativ dazu können die unterschiedlichen Pauschalierungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden, wenn die Umsätze die jeweils maßgeblichen Umsatzgrenzen nicht übersteigen4). Es kann aber auch eine freiwillige Buchführung (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG) gewählt werden.

4) Siehe auch Pauschalierung.

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024
Für den Inhalt verantwortlich:
  • Bundesministerium für Justiz
  • Bundesministerium für Finanzen

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